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Zur Kunst von Eva Paulin

Cover des Magazins „Zeit Schrift“, Ausgabe 2 aus dem Jahr 2025 / Mariastein
Am Ende des Artikels steht das gesamte Magazin als Download zur Verfügung

Die vorliegende ZeitSchrift ist mit Bildern der Künstlerin Eva Paulin illustriert. Dies regt zur Frage an: Welche Kunst ist religiösen Kontexten angemessen? Und was macht Kunst überhaupt zu Kunst?



Die Auseinandersetzung mit Ästhetik ist ein unermessliches Feld. Eine ältere Philosophie kann Orientierung bieten. Der antike Philosoph Platon (ca. 427–347 v. Chr.) ging von einer metaphysischen Welt der «Ideen» aus, deren reale Wirklichkeit jene der sinnlichen Welt buchstäblich in den Schatten stelle (siehe dazu sein berühmtes «Höhlengleichnis »). Seine «Ideen» sind schöpferische Kräfte und sind somit gleichzusetzen mit der Vorstellung von Gott als geistigem Schöpfer der materiellen Welt. Platons Schüler Aristoteles (384–322 v. Chr.) vertiefte die Frage nach dem Zusammenhang von Geist und Materie («Form» und «Stoff»). Das ermöglichte es einer späteren «idealistischen» Philosophie, sinnvoll über die Kunst und Schönheit nachzudenken: Schönheit entsteht durch Kunst, wenn in der Materie das Geistige wahrnehmbar wird.(1)



Sakrale und abstrakte Kunst

Auch bei der sakralen Kunst findet sich die Sehnsucht nach übersinnlichen Motiven. Als figurative Kunst kann sie über blosses Abbilden von Historie und Symbolen hinausgehen, wenn sie Immaterielles erfahrbar macht. Erst im 20. Jahrhundert wurde in der bildenden Kunst der Schritt in die Abstraktion gewagt. Es wurde begonnen, von äusseren Formen zu abstrahieren oder diese in reinem Farbenspiel aufzulösen. Abstrakte Kunst kann nach obigem Kunstbegriff auch im religiösen Kontext Berechtigung finden, wenn sie «Das Geistige in der Kunst» (Wassily Kandinsky) erfahrbar zu machen versucht. Kunst ist in diesem Sinne von Material und Mittel unabhängig, beruht aber auf der Wahrnehmungsfähigkeit der Künstlerin oder des Künstlers. Auch Gefühle und Stimmungen sind solch qualitativer Natur. Es ist eine noch bis in die Aufklärung hinein verbreitete philosophische Einsicht, dass menschliches Bewusstsein mit der göttlich-geistigen Natur wesensverwandt sei.(2) Wie weit «hinauf» oder wie «tief» künstlerische Wahrnehmungsfähigkeit reichen mag, bleibe hier offen. Zu betonen ist, dass Kunstschaffende meist mehr an Prozessen als an Inhalten interessiert sind. Sie verstehen ihr Wirken als Dialog, in dem sich Wahrnehmen und Schöpfen wechselseitig bedingen. Kunst wird so potenziell innovativ und überraschend.


Die Bilder von Eva Paulin sind leicht der abstrakten Kunst zuzuordnen. Sie malt mit Acryl auf Leinwand und Papier, ergänzt aber ihre Technik bisweilen mit Kreide, Öl, Pastell, Bleistift oder Tusche («mixed media»). Unterdessen zeigt sie auch digitale Exponate, teils als Unikat gedruckt. Die Werkgrösse ist variabel (z.B. 20 x 20 cm oder auch 100 x 100 cm). In der Zeitschrift sind auch ihre «Tondos» abgebildet, Rundbilder, deren Tradition bis in die Antike zurückreicht.


Kontrast und Akzente

Eva Paulins Ästhetik mag mit der Bilderwelt des Klosters Mariastein in Farbe, Form und Ausdruck kontrastieren. Wie dargestellt sind Medien und Techniken aber letztlich nur Mittel für höheren Ausdruck. Dass sich Eva Paulin diesem Verständnis anschliesst, zeigt sich in ihren eigenen Überlegungen Reflexionen (siehe auch Webseite). Malen sei für sie eine Form der Meditation, so die Künstlerin, und eröffne Einsichten, die sie mit keiner anderen Sprache erreichen könne. Jeder Mensch habe eine unsichtbare Seite, deren Existenz zu oft geleugnet und unterdrückt werde. «Die Wirklichkeit der Schönheit ist unsichtbar, wie unser Atem. […] Ich will meine Liebe zu den unsichtbaren, ungesehenen Dingen des Lebens zum Ausdruck bringen […].» Zum Prozesscharakter der Kunst sagt sie: «Ich male, um zu sehen und zu verstehen. Manchmal verwende ich mehrere Bilder in einer Abfolge, um Bewegung zu entwickeln. Ich möchte von den Konsequenzen der Entscheidungen überrascht werden, die ich während des Arbeitens treffe. Ich will Raum für meine inneren Bilder schaffen, die aus konstruktivem Dialog zwischen Form und Farbe entstehen.» Dass die Künstlerin ursprünglich Theaterregisseurin und Bühnenbildnerin ist, erscheint in ihren Bildern darin, dass sie Formen und Farben oftmals stark akzentuiert und kontrastiert, sozusagen: inszeniert. – Mögen Betrachtende ihre jeweils eigenen Zugänge zu den Bildern von Eva Paulin finden. Das Gesamtwerk kann auf ihrer wohlgestalteten Webseite betrachtet werden.


SIMON MUGIER



1 Siehe dazu auch H.C. Binswanger: Die Wirklichkeit im Augenblick. Zwei Reflexionen über Kunst, in: ders. Die Wirklichkeit als Herausforderung, Murmann, Hamburg, 2016. Er knüpft dort an die Idee von Friedrich Schiller (1759–1805) an, dass in der Kunst der «Stoff durch die Form vertilgt» wird. (S. 141) 


2 Auch noch bei Immanuel Kant (1724–1804)





Eva Paulin

Tel: + 35 26 216 144 14

Mail: art@evapaulin.com

Web: www.evapaulin.com

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